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1929: Eingemeindung
Die Beziehung zwischen Chemnitz und Reichenhain war seit langer Zeit vielfältig.
So konnten früher Reichenhainer hinter den Mauern der Stadt Zuflucht suchen, dem sogenannten Landgeflüchte. Allerdings waren Reichenhainer auch gezwungen, an der Errichtung und dem Unterhalt der Befestigungen mitzuarbeiten. Diese Arbeiten waren den Bauern nicht willkommen. Deshalb erkauften sie sich im 15. Jahrhundert das Anrecht des Landgeflüchts für 18 Groschen. Auf dem Chemnitzer Markt boten Bauersfrauen aus Reichenhain Erzeugnisse ihrer Wirtschaften an. Der Marktsteig erinnert noch heute an diesen Weg zur Stadt.
Im Jahre 1912 wurde von der Stadt Chemnitz auch an den Gemeinderat von Reichenhain die Anfrage gerichtet, einer "Einbezirkungsfrage" näher zu treten. Die Gemeindevertretung lehnte vorerst ab, verfolgte aber seit 1914 selbst dieses Ziel. Das geringe Steueraufkommen der Reichenhainer vereitelte den angestrebten Schulneubau und erschwerte die Verbesserungen an der Infrastruktrur des Ortes. Eine Eingemeindung war deshalb aus Sicht des Gemeinderates unvermeidbar. Jedoch erst Anfang 1927 wurde mit ernsthaften Verhandlungen begonnen und die Einverleibungsbedingungen ausgehandelt.
Die Gemeinde Reichenhain war zum Zeitpunkt ihrer Eingemeindung schuldenfrei und hatte ein Reinvermögen von 440.172,30 RM. Deshalb hat der Einverleibungsausschuss der Stadt auch einige Forderungen der Reichenhainer akzeptieren müssen. So erhielten die Bürger von Reichenhain Gas, Wasser und Strom zu den günstigen Konditionen der Stadt geliefert. Die Stadt sicherte weiterhin der Gemeinde den dringend notwendig gewordenen Neubau einer Schule mit einem Schulbrausebad innerhalb von 2 Jahren nach der Eingemeindung zu. In dieser Schule sollten dann sämtliche Schüler der Vorstadt zukünftig ihre Ausbildung erhalten. Innerhalb eines Jahres war die Errichtung einer Buslinie zugesagt. Die Postagentur würde in Reichenhain verbleiben und möglichst zu einem Postamt ausgebaut werden. Innerhalb von 15 Jahren nach der Eingemeindung war vorgesehen, alle Straßen auf eine Breite von 6 m auszubauen und mit einem Fußweg zu versehen. Die Freiwillige Feuerwehr verbliebe ebenso wie die Schul- und Volksbücherei bestehen.
Aus den Akten geht jedoch auch hervor, dass nicht alle Reichenhainer Bürger mit der Eingemeindung einverstanden waren. Mehr als 10% der in der Wählerliste eingetragenen Bürger von Reichenhain hatten gegen den Vertrag Widerspruch erhoben. Deshalb wurde eine Gemeindebürgerabstimmung am 03. Juni 1928 notwendig. In dieser haben dann von den 1.223 Stimmberechtigten 229 für und 250 gegen den Vertrag gestimmt. Da nicht die Mehrzahl der stimmberechtigten Bürger gegen den Vertrag gestimmt hatte, wurde damit der Beschluss der Gemeindeverordneten bestätigt.
1928 umfasste der Gemeindebezirk 435,52 ha; davon waren etwa 11,5 ha bebaut. Nach der letzten Volkszählung hatte Reichenhain 2.131 Einwohner. Mit einer Fortschreibung der Volkszählung am 01. Mai 1928 wurden 2.231 Einwohner registriert. Diese wohnten in 166 Gebäuden. Zum Zeitpunkt der Übernahme waren in der Gemeindeverwaltung von Reichenhain beschäftigt:
Als Beamte:
Bürgermeister, Obersekretär (Kassierer), Sekretär, Polizeihauptwachtmeister, Wachtmeister (zugleich Wassermeister) und ein Oberstraßenaufseher
Als vollbeschäftigte Angestellte:
1 Beamtenanwärterin, 2 Maschinenschreiberinnen, 2 Straßenarbeiter
Als Teilbeschäftigte:
Heimbürgin, Hebamme, 2 Fleischbeschauer, Handarbeitslehrerin, Krankenpflegerin, Reinigungsfrau, Schulhausfrau.
Das Lehrerkollegium bestand aus Oberlehrer Weigel und Oberlehrer Scherzer, dem Lehrer Kegel und weiteren 2 Lehrern, 2 Lehrervertretern und einem Aushilfslehrer.
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